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Warum wir aufhören sollten, Kooperation zu simulieren

Wer in einem hierarchiegetriebenen Unternehmen arbeitet, hat vielleicht schonmal Folgendes erlebt: Du hast ein Projekt erfolgreich abgeschlossen, dessen Learnings auch für andere Bereiche im Unternehmen interessant sein könnte. Und du wurdest von (d)einem Chef gebeten, das Thema in seiner Führungsrunde zu präsentieren, damit die Kollegen*innen an deinen Erkenntnissen teilhaben können. Irgendwann sitzt du dann genau in dieser Runde und trägst dein Thema vor. Währenddessen beschleicht dich das leise Gefühl, dass eigentlich alle froh sind, wenn du hier wieder raus bist. Und sie sich wieder ihren Themen zuwenden können.

Doch woran liegt das? Früher habe ich gedacht, dass es darauf ankommt, wie ich ein Thema präsentiere. Klar, das spielt auch eine Rolle. Inzwischen bin ich aber davon überzeugt, dass der Fehler im System liegt.

Kein Mut zur Lücke

Um voneinander lernen zu können, muss ich zunächst einmal erkannt haben, dass ich etwas nicht weiß. Der Schritt findet bei den meisten Menschen statt. Danach wird es spannender. Jetzt geht es nämlich darum, dieses Nichtwissen oder Nichtkönnen auch transparent zu machen. Sobald ich mich nämlich aus der Deckung wage und Interesse an einem Thema signalisiere, mache ich mein Nichtwissen öffentlich. Da wird es schon interessanter.  

Gerade in hierarchischen Systemen spricht man gerne von der sogenannten Silobildung. Teile der Organisation begreifen sich als geschlossene Einheiten, die in Konkurrenz zueinander stehen. Diese Silos bilden die natürlichen Grenzen für gegenseitige Lernen. Innerhalb des Silos kann ich Schwäche zeigen. Darüber hinaus wird es riskant. Denn das macht mich für die ‚Konkurrenten‘ aus den anderes Silos angreifbar. Und stellt mich vor der Führung bloß. Und das ist tunlichst zu vermeiden.

Klima des Nicht-Voneinander-Lernens

Viele Führungskräfte nehmen das Nicht-Voneinander-Lernen in hierarchischen Organisationen wahr und versuchen gegenzusteuern. Beispielsweise, indem sie Wissensträger in ihre Silos einladen und versuchen, ihren Kollege*innen Zugang zu deren Erkenntnissen zu verschaffen. Das Ergebnis sind dann oft Situationen wie die oben beschriebene.

Normalerweise würde ich jetzt darüber schreiben, was passieren muss, um Silogrenzen aufzuweichen und in Kooperation und gemeinsames Lernen zu kommen. Heute möchte ich euch aber den umgekehrten Gedanken anbieten: Solche Organisationen sollten aufhören, Kooperation zu simulieren.

Pseudo-Freiwilligkeit auflösen

Damit meine ich, die Pseudo-Freiwilligkeit solcher Situationen aufzulösen und das ganze per Ansage zu lösen. Wenn ich als Führungskraft möchte, dass meine Mitarbeiter*innen etwas lernen, erteile ich eine entsprechende Anweisung. Da wissen dann wenigstens alle Beteiligten, was zu tun ist. Dass das wenig Sinn macht, weil dadurch kein echtes Lernen durch persönliche Einsicht möglich wird, ist klar.

Besser wäre es, eine gemeinsame Lernkultur zu entwickeln. Doch dazu braucht es eine Führungskultur, die echte Kooperation belohnt. Gegenseitiges Lernen auf der Führungsebene wird in solchen Organisationen immer schwierig bleiben. Es passt einfach nicht ins System und ‚verkommt‘ dadurch bestenfalls zum unangenehmen Schulterklopfer. Und den können wir uns sparen.

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